REVIEW  Freitag, 23. Februar 2024

Silent Hill - The Short Message - Eine zweite Meinung

Ein zweites Review zu einem bereits besprochenen Spiel? Geht das? Klar geht das!

Mit Silent Hill - The Short Message beginnt Konamis Versuch, das Silent Hill Franchise wieder mit neuem Leben zu füllen.
Um hier für unsere jüngeren Leser etwas Kontext zu bieten: "Silent Hill" war eine Reihe von Horror-Spielen, die in den späten 90er Jahren auf der Playstation 1 begann und mit einigen Höhen und Tiefen zu kämpfen hatte. Unbestritten ist allerdings, dass die Höhen spektakulär waren und insbesondere die Titel Silent Hill 2 (Für einige das beste Spiel aller Zeiten und ein Meisterwerk interaktiver Erzählkunst) und P.T. ( für viele eines der gruseligsten und mysteriösesten Spiele aller Zeiten) Videospielgeschichte geschrieben haben.

Silent Hill - The Short Message orientiert sich nun thematisch an Silent Hill 2 und spielmechanisch an P.T. Damit ist klar, dass die Entwickler die Latte ziemlich hoch hängen und versuchen einen zeitlosen Klassiker zu schaffen.

Bevor ich jetzt ins Detail gehe, möchte ich vorab sagen, dass dies meiner Meinung nach leider misslungen ist, auch wenn ich an einigen Stellen des Spiels wirklich viel Potential sehe.

Beginnen wir mit der Spielmechanik, da wir diesen Teil des Reviews noch relativ spoilerfrei halten können:
Ähnlich wie bei P.T. handelt es hier bei Silent Hill - The Short Message um einen Walking Simulator, der nicht viele Interaktionsmöglichkeiten bietet, sondern eher dem Effekt einer virtuellen Geisterbahn nacheifert. P.T. hatte auch gezeigt, dass dieses Genre unglaublich effektiv und gruselig sein und den Spieler in ständigen Nervenkitzel versetzen kann, allerdings genau dieser Coup gelingt "The Short Message" leider nicht. Das Setting eines baufälligen Wohnkomplexes voller Graffiti, mag dem Grusel abträglich sein, aber hauptsächlich liegt es wohl daran, dass dem Spieler sehr schnell klar wird, dass während des Erkundens des Hauses schlicht nicht viel passiert. Erst wenn unser treues Smartphone in klassischer Silent Hill Tradition Störgeräusche von sich gibt, wechselt das Spiel in einen anderen Modus, in dem der Spieler durch labyrinthartige Gänge vor einer Monstrosität fliehen muss.
Hierbei sehe ich das größte Problem der Spielmechanik: Diese Fluchtsequenzen sind beim allerersten Auftreten wirklich effektiv und ich wurde auch kurzzeitig echt leicht panisch, aber dieses Spielelement nutzt sich leider auch in allerkürzester Zeit ab. Bereits bei der zweiten Sequenz war ich nur noch genervt und als die Labyrinthe im Laufe der Zeit immer komplexer wurden, nahm der Spielspaß kontinuierlich ab und wurde durch reine Frustration ersetzt. Wenn während der Erkundungsphasen gruseligere Dinge als die obligatorischere, quietschende Tür den Weg des Spielers kreuzen würden und es nur eine einzige Fluchtsequenz am Ende des Spiels gegeben hätte, wäre das Gesamterlebnis sehr viel unterhaltender und auch gruseliger gewesen.
Ziemlich am Ende des Spiels wird auch der "Loop" von P.T. benutzt, um den Spieler immer wieder durch die gleiche Wohnung laufen zu lassen. Im Gegensatz zu P.T. nutzt The Short Message dieses Element aber, um eine Geschichte zu erzählen; gezeigt wird hier der Verfall einer Familienstruktur, indem man die gleiche Wohnung zu verschiedenen Zeiträumen durchläuft.
Diesen Part des Spiels fand ich absolut großartig, relevante Themen interessant und neu erzählt. Genau das würde ich mir von Horrorspielen der aktuellen Generation erhoffen.
Hier sind wir jetzt auch bei der Überleitung zur Story und ich würde empfehlen, den folgenden Text nicht mehr zu lesen, wenn man nicht gespoilert werden möchte.
Das Thema des Spiels ist Mobbing und Selbstmord von Jugendlichen. Harter Tobak, aber von Medien, die eine gewisse gesellschaftliche Relevanz erreichen möchten (sei das jetzt Literatur, Film oder eben Videospiel) erwarte ich auch eine Thematisierung der unbequemen Realitäten des Lebens. Wir spielen eine junge Frau, die eine Künstlerin idolisiert, welche sich umgebracht hat. Anfangs geht man als Spieler davon aus, dass unsere Protagonistin gemobbt wird und daher vielleicht ebenfalls Selbstmord begehen möchte. Im Laufe des Spiels kommt aber heraus, dass unsere Spielfigur vielmehr als Kind missbraucht wurde und selbst aktiv die künstlerisch tätige Mitschülerin gemobbt und in den Selbstmord getrieben hat.
Grundsätzlich finde ich die Story toll, weil sie Gewicht hat, zeigt, welche Schäden Missbrauch und Hass hinterlassen und darlegt weshalb aus Opfern so oft Täter werden. Leider scheitert "The Short Message" hier beim geschmackvollen Umgang mit dem Thema. Während Silent Hill 2 beispielsweise vieles nur angedeutet hat und dem Spieler gezwungen hat, das Erlebte selbstständig zu interpretieren, packt "The Short Message" den Holzhammer heraus und prügelt dem Spieler förmlich ein, worum es geht. Jeder Gedankengang, jedes Schuldgefühl, jede Motivation wird so oft wiederholt, bis es auch der letzte kapiert haben muss. In meinem Empfinden nimmt das der Thematik eher die Ernsthaftigkeit und degradiert sie zu einem Gimmick. Man bekommt das Gefühl, die Entwickler wollten die ganze Zeit rufen "Seht her, mit welch wichtigen Themen wir uns beschäftigen. Habt ihrs noch nicht verstanden? Dann sagen wir es euch noch 10 - 15 Mal"
Hinzu kommt die eine wirklich unsägliche Textnotiz, die behauptet, dass die Selbstmordwelle unter Jugendlichen nach der Covid-19 Pandemie in Wirklichkeit von der Silent Hill Hexe ausgelöst wurde. Beim Lesen ist mir fast das Essen aus dem Gesicht gefallen; die Entwickler waren sich offensichtlich nicht zu schade, eine reale Selbstmordwelle in ihr Narrativ einzubinden, um dem ganzen mehr Gewicht zu verleihen. Insbesondere diesen Punkt fand ich so geschmacklos, dass ich den Anspruch, relevante Geschichten zu erzählen als gescheitert betrachten muss.

Wie gesagt... viel Potential, aber im Ganzen dann doch das Ziel verfehlt.

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